Einen Quilt herzustellen ist eine filigrane und äußerst sensible Aufgabe. Sie braucht neben Wissen und Können vor allem viel Geduld und Ausdauer. Und natürlich viel Fingerspitzengefühl. Denn der Stoff reagiert längst nicht immer so, wie ich es gern hätte. Das zu erkennen und adäquat darauf einzugehen, die eignen Ideen und Vorstellungen zu überdenken und dem Stoff, seiner Struktur, seiner Farbe und seinem Muster gerecht zu werden, ist immer wieder eine Herausforderung. Ich nenne das DESIGN OPPORTUNITY, denn schließlich gibt mir der Stoff die Chance, Denkmuster zu verlassen. Spannend finde ich, dass das Ergebnis meist reizvoller ist als meine ursprüngliche Idee. Oft scheint es, als begleite
mich der Stoff auf dem Weg vom reinen Quilten hin zur Textilkunst, der Quilt Art. Wer das Quilten für sich entdeckt und es mit Hingabe praktiziert, verlässt bald den Bereich der Gebrauchsgegenstände – wie Taschen, Kissen, Decken ... Denn die Gestaltungsmöglichkeiten eines Quilts sind schier unbegrenzt. Der Übergang vom Quilt als nützliches Utensil hin zur Quilt Art ist fließend. Schauen Sie sich gern in der Galerie Beispiele meiner Art Quilts an. Großflächige Wandbehänge, Bilder – auch dreidimensional – und Installationen sind Werke, die ich von Zeit zu Zeit in Ausstellungen zeige oder zu Quilt-Wettbewerben einreiche. Und die ich natürlich auch – wie jede Künstlerin ihre Kunst – verkaufe.
Von der Kunst des Quiltens hin zur Textilkunst bin ich gekommen, nachdem ich 2004 meine erste Longarm-Quiltmaschine angeschafft habe. Bis dahin hatte auch ich mit einer Nähmaschine gearbeitet, bei der man den Stoff aktiv unter der statischen Nadel führt. Ein oft mühseliger Prozess – und von der Größe des Quilts her eher begrenzt. Mit der Longarm-Quiltmaschine lassen sich Quilts mit Patchwork-Topp
Zwischenvlies und Rückenstoff bis zu 3 m aufspannen,
in der Länge gar bis 5 Meter – eine bis dahin ungeahnte Möglichkeit. Das Steppen selbst geschieht mittels eines beweglichen Schlittens, der von oben gehalten wird und mit der Nadel verbunden ist. Das heißt, ich führe die Nadel über den Stoff, was unzählige Variationen ermöglicht. Mit der Longarm-Quiltmaschine öffnete sich mein Tor zur Textilkunst endgültig.
Wie jedes Kunstwerk entsteht auch ein Quilt in einem Prozess. Am Anfang steht eine Idee, ein Gedanke, eine Inspiration aus Natur, einer Begegnung auf Reisen oder im Alltag, ein Gedicht, Text, eine Situation. Manchmal sind es auch Ausstellungen oder Wettbewerbe, deren Thema mich inspiriert. So entsteht in mir eine Vision, der ich oft wochen- oder monatelang folge ... bis ich
das Bild vor meinem inneren Auge habe. Dann wird’s konkret.
Nimmt die Vision konkrete Formen an, folgt eine erste Skizze. Ich entwickle Farbideen und wende mich dem Material – dem Stoff – zu, probiere Techniken aus.
An diesem Punkt bin ich schon Feuer und Flamme – und
bereit, die erforderliche Geduld und Hartnäckigkeit auf-zubringen und die Eigenwilligkeit des Stoffs zu ertragen. Denn längst nicht jedes Material reagiert exakt so, wie ich mir das vorgestellt habe.
Die Struktur eines Werkes entsteht letztlich im Prozess selbst. Oft zeigt sich erst oder gerade in der feinen
Ausarbeitung, dass ich meine Pläne ändern und umdenken sollte. Eine echte Herausforderung. Wenn es gelingt, wenn meine Vision Gestalt annimmt, ich konzentriert arbeiten kann und in einen Flow komme, vergesse ich die Zeit und alles um mich herum. Dann ist Quilten eine Mischung aus Glück und Spitzenleistung. Und ich kann mir nichts anderes für mich vorstellen.